Wirtschaftsstrafsachen

Zwar betreffen Strafverfahren wegen des Verdachts der Wirtschaftskriminalität oftmals sozial und finanziell privilegierte Menschen. Denen droht aber gerade dieses Privileg zum Verhängnis zu werden. Denn nach unserer Beobachtung nimmt die Rücksichtslosigkeit der Ermittlungstätigkeit in gleicher Weise zu, je unterprivilegierter und je höherprivilegierter der Verdächtige eingeschätzt wird. Die Risiken sind außerordentlich. Die Folgen von Ermittlungen in Wirtschaftsstrafsachen gehen für die Betroffenen meist weit über die Bedrohung durch eine strafrechtliche Sanktion hinaus. Der Ruf des Unternehmens, die Kreditfähigkeit, die gewerberechtliche Zuverlässigkeit und das gesamte Privatvermögen können auf dem Spiel stehen. Eine Verurteilung kann zu einem Berufsverbot oder dem Tätigkeitsverbot als GmbH-Geschäftsführer führen und so die berufliche Zukunft zerstören.

Oft erfährt der Betroffene von den Ermittlungen durch den Paukenschlag einer Durchsuchung von Geschäfts- und Privaträumen. Ohne sofortige anwaltliche Beratung kann das Unternehmen nach einer Beschlagnahme plötzlich ohne EDV, ohne Kundenkartei und Lieferantenverzeichnis dastehen. Fatal sind oftmals auch polizeiliche Vermerke über „Geständnisse“, die aus einem beiläufigen Gespräch am Rande der Durchsuchungsmaßnahmen herrühren.

Die Globalisierung der Märkte wird dem Unternehmer als sogenannte „Weltläufigkeit“ zum Verhängnis, wenn daraus eine Fluchtgefahr abgeleitet wird, die zur Untersuchungshaft führt. Die einfühlsame und überlegte Betreuung des Mandanten in dieser als sehr belastend erlebten Situation entscheidet meist über die weiteren Verteidigungsmöglichkeiten. Hier kann eine aussichtsreiche Verteidigungsstrategie verspielt werden.

Die strafprozessualen Möglichkeiten der Sicherstellung des Vermögens des Beschuldigten (auch Drittverfall, Einziehung sowie die Mehrerlösabschöpfung als Sanktionsmöglichkeiten) werden inzwischen von spezialisierten Staatsanwälten konsequent genutzt. Die Folgen für die Betroffenen und deren Familien sind in aller Regel dramatisch.

Die rechtlich meist komplexe Materie, der erhebliche Umfang des Ermittlungsmaterials, die langen Verfahren und die Zwangsmaßnahmen im Ermittlungsverfahren erfordern Erfahrung und Kompetenz. Auf dem weiten Feld der Wirtschaftsstrafsachen betreuen wir Mandanten und Unternehmen sowohl präventiv als Berater wie auch als Verteidiger im Strafverfahren. Schwerpunkte unserer bisherigen Tätigkeit bildeten insbesondere Mandate aus folgenden Gebieten:

Insolvenzstrafrecht

Durch die Zusammenarbeit mit Rechtsanwälten, die sich auf das Insolvenzrecht und die wirtschaftsrechtliche Beratung von Unternehmen in der Krise spezialisiert haben ergibt sich ein Schwerpunkt im Insolvenzstrafrecht. In der überwiegenden Zahl der Fälle verteidigen wir Geschäftsführer einer GmbH oder Vorstände einer sog. Kleinen Aktiengesellschaft. Dies spiegelt die Bedeutung solcher Fallsituationen in der Ermittlungspraxis der Staatsanwaltschaften wieder. Jährlich werden in Deutschland über zehntausend Ermittlungsverfahren gegen Geschäftsführer wegen des Verdachts einer Straftat in Zusammenhang mit der Insolvenz einer GmbH eingeleitet. Nahezu jede Entscheidung in der Gesellschaftskrise ist strafrechtlich  problematisch. Auch der noch so sorgfältige Geschäftsführer ist in der Gefahr, eine Straftat zu begehen, wenn er zB. im Interesse des Unternehmens die Fortführungsprognose zu optimistisch anstellt, wenn er –zu- lange mit Investoren verhandelt, wenn bei knapper Liquidität betriebswirtschaftlich wichtige Gläubiger vorrangig bedient werden etc. Dies macht aus dem Insolvenzstrafrecht ein klassisches Feld der Präventivberatung. Dabei zielt unsere Beratung und Verteidigung zunehmend auch auf die Berater selbst. Die Zahl der Strafverfahren gegen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte wegen Beratung in der Unternehmenskrise hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. In all diesen Fällen kann die Strafverteidigung nur durch die kompetente Integration betriebswirtschaftlicher, bilanzrechtlicher, handels- und gesellschaftsrechtlicher sowie oftmals auch steuerrechtlicher Kompetenz gelingen.

Steuerstrafrecht

In Zeiten leerer Kassen sind die fiskalischen Begehrlichkeiten besonders groß, Steueransprüche durchzusetzen. Dies hat bereits in der Vergangenheit zu den massenhaften Bankenfällen geführt, in denen ausgehend von den Ermittlungen in deutschen Großbanken steuerschädliche Kapitalflüsse ins Ausland aufgedeckt wurden. Ähnliche Ermittlungsstrukturen zeichnen sich auf dem Gebiet der Medizintechnik und bei der Pharmaindustrie ab und zielen neben dem Abrechnungswesen der Ärzte und Apotheker zunehmend auch auf deren Steuerehrlichkeit. Durch die neu geregelte Besteuerung des Renteneinkommens werden nach Einschätzung von Experten frühere Steuersünden aufgedeckt, was zu massenhaften Steuerstrafverfahren führen kann. Diese Fälle zeigen eine typische Situation in Steuerstrafverfahren. Oft wird die Steuerverkürzung ohne oder mit sehr geringer, fast schon sozial unauffälliger krimineller Energie verursacht. Phänomenologisch werden solche Handlungsweisen von den Mandanten oft als Alltagshandeln wahrgenommen. Entsprechend arglos verhalten sie sich im Ermittlungsverfahren und liefern sich damit den hoch spezialisierten und oft sehr kompetenten Finanzermittlern aus. Mit einer frühzeitig aufgestellten Strafverteidigung lassen sich die vorhandenen Spielräume dieser Verfahren nutzen. Meist kann der wirtschaftliche und der Rufschaden durch eine kompetente Strafverteidigung zumindest kleiner gehalten werden.

Strafrecht der Kreditwirtschaft; Bankenuntreue

Die auch durch steuerpolitische Lenkung von Kapitalflüssen hervorgerufene Krise des Immobilienmarktes in Ostdeutschland gibt einen kriminologisch interessanten volkswirtschaftlichen Hintergrund für ein Deliktsfeld, dessen dogmatische Konturen sich erst in den letzten Jahren entwickelt haben. Die sogenannte Bankenuntreue betrifft die strafrechtliche Haftung der Vorstände von Kreditinstituten für riskante Kreditentscheidungen. Die Verfahren werden geprägt durch eine justizferne Ermittlungstätigkeit, weil die Sachverhalte weniger durch die Kriminalpolizei als durch bankinterne Revisionen, Begutachtungen und  schadensersatzrechtliche Aufarbeitungen für das Strafverfahren festgeschrieben werden. Den rechtlichen Rahmen konkretisieren die kreditwirtschaftlichen Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin; früher Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen). Verfolger und Verfolgte saßen also typischerweise lange am selben Tisch. Die Bewertung des komplexen beruflichen Verhaltens in diesem Umfeld ist rechtlich schwierig und der Maßstab für eine Pflichtwidrigkeit war lange ungeklärt. Inzwischen haben vor allem Entscheidungen des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs maßgeblich zur Konkretisierung beigetragen. Allerdings überlagern die dort herausgestellten formalen bankrechtlichen Prüfungs- und Dokumentationspflichten den psychologisch durchaus problematischen Schädigungsvorsatz. Die Bedeutung der tatsächlichen Erwartungen und Ziele, mit denen die Kredite gewährt wurden, werden für die strafrechtliche Beurteilung des Schädigungsvorsatzes in eine wenig angemessene untergeordnete Rolle gedrängt. Individuell geht es meist um schwierige betriebswirtschaftliche Parameter und Prognosen, welche der verhängnisvollen Kreditentscheidung zugrunde gelegt wurden. Strafverteidigung setzt hier eine sorgfältige Analyse und Aufarbeitung der historischen Situation zur Zeit der Kreditentscheidung voraus. Im übrigen handelt es sich bei Strafsachen wegen Bankenuntreue in der Regel um Großverfahren mit den dort typischen und nur der erfahrenen Verteidigung geläufigen Eigengesetzlichkeiten.

Kapitalmarktstrafrecht

Die Strafbarkeit im Umfeld von Anlageberatung ist oftmals angesiedelt in einem viktimologisch interessanten Milieu, nämlich dann, wenn sich falsche Versprechungen der potentiellen Straftäter mit irrationalen Erwartungen der potentiellen Tatopfer verbünden und erst beides zusammen den Schaden ermöglicht. Ermittlungen aus diesem Bereich richten sich zudem oftmals gegen sogenannte Strukturvertriebe, in denen das große Geld nur an der Pyramidenspitze verdient wird und viele Anlagevermittler ihrerseits Versprechungen über die Verdienstmöglichkeiten aufgesessen sind. Entsprechend unterschiedlich gestaltet sich der Aufgabenbereich in der Strafverteidigung, je nachdem auf welcher Ebene das Mandat angesiedelt ist.

Unternehmensstrafrecht

Wenngleich sich das Strafrecht immer gegen eine individuelle Person richtet, lässt sich zunehmend ein überpersönlicher, nämlich beim Unternehmen angesiedelter strafrechtlicher Beratungsbedarf erkennen. Die Bußgeldbewehrung von Unternehmen im Ordnungswidrigkeitenrecht ist ein Ausdruck dieses Phänomens auf der Sanktionsseite. Für die beim Unternehmen angesiedelte Strafverteidigung geht es um strukturelle Fragen etwa bei der Auftragsverteilung an Subunternehmen mit ausländischen Arbeitnehmern, im Umweltstrafrecht, bei der strafrechtlichen Produkthaftung, zum Verhalten im Wettbewerb der öffentlichen Auftragsvergabe. Im Verhältnis zu strafrechtlich verfolgten Bediensteten müssen Fragen der Fürsorgepflichten geklärt werden, etwa:  Wer kommt für die Verfahrenskosten und Verteidigungskosten auf ? Ist die Beteiligung des Unternehmens an den Sanktionen für Bedienstete zulässig  (zB. Geldstrafe; Geldauflagen bei Verfahrenseinstellung und Bewährung) ? Wir kenne auch die Grenzen, in denen dem Wunsch mancher Unternehmensführung nach einer Koordination der Verteidigung mehrere Bediensteter entsprochen werden kann.